In den Studien, die ich hier vorgestellt habe, wurde darüber hinaus festgestellt, dass der Ausstoß an Adrenalin während der Atemübung bei den Testpersonen (selbst im ruhig im Bett liegend) ein höheres Level erreicht hat, als der von Bungee-Jumpern. Das Adrenalin baut Fett ab und sorgt daher für eine schnelle Energiebereitschaft. Auch der Herz-Kreislauf wird damit aktiviert und stimuliert.
ERHÖHTER PH-WERT IM BLUT UND BASISCH DANK WIM HOF METHODE
Forscher konnten in der Studie, für die Testpersonen die Wim Hof Methode anwendeten und die genau gleichen Ergebnisse erzielen konnten, feststellen, dass der PH-Wert des Blutes bis zu einem Wert von unglaublichen 7,75 erhöht werden konnte. Der Normalwert liegt eigentlich in einem Bereich zwischen 7,35 und 7,45.
KÄLTETHERAPIE GEGEN DEPRESSIONEN
Ein anderer sehr interessanter Effekt der körperlichen Reaktion auf die Kälte ist, dass er Noradrenalin in Menschen und Mäusen stoßartig erhöht. Durch das sogenannte sympathische Nervensystem wird diese Reaktion vermittelt. Dessen Aufgabe besteht darin, stimulierend auf den Kampf-oder-Flucht-Reflex des Körpers einzuwirken. Das ist deshalb spannend, weil bereits in einer vorherigen wissenschaftlichen Untersuchung deutlich wurde, dass depressive Menschen immer über ein niedriges Level Noradrenalin besteht. Eine stärkere Ausschüttung des Hormons bedeutet eine verbesserte Aufmerksamkeit und ein erhöhter Fokus.
Entzündungen verringern sich und damit nehmen auch die Schmerzen ab. Allerdings wirkt Norepinephrin auch als Hormon. Sobald es im Blut freigesetzt wird, kommt es zu einer Erhöhung der Vasokontriktion (Gefäßverengung). Das ist wichtig für die Bedeutung von Norepinephrin auf die Kälte. Kommt es zu einer Gefäßverengung, verringert sich die Gesamtfläche. Das Blut ist also in der Lage, die Hitze schneller an die Umwelt zu verlieren.
WIE KALT MUSS ES FÜR DIESE WIRKUNG SEIN?
Nach aktuellen Erkenntnissen spricht alles dafür, dass es eine gewisse Temperaturschwelle gibt, die für die Aktivierung des sympathischen Nervensystems von Relevanz ist. Ein Beispiel: ein Kaltwasserbad bei 20 Grad für eine Stunde kann die Freisetzung von Norepinephrin nicht aktvieren, währenddessen erhöht ein Bad in 14 Grad kaltem Wasser für eine Stunde die Freisetzung von Norepinephrin um rund 530 Prozent. Zeitgleich wird die Ausschüttung von Dopamin um rund 250 Prozent gesteigert. Dopamin ist also eine wunderbare Ergänzung zu Norepinephrine.
Allerdings muss man sich nicht unbedingt besonders lange der Kälte aussetzen, damit Norepinephrin stark freigesetzt wird. Eine Langzeitstudie hat sich damit genau beschäftigt und jeweils 12 Menschen miteinander verglichen. Eine Gruppe badete für 20 Sekunden in 4,4 Grad kaltem Wasser. Die andere Gruppe unterzog sich dreimal in der Woche einer Ganzkörper-Kryotherapie bei -110 Grad für zwei Minuten. Dabei wurde festgestellt, dass Norepinephrin in beiden Fällen um ca. 200 bis 300 Prozent erhöht war. Zudem wird dabei bewiesen, dass sich die Freisetzung bei Gewöhnung an die Kälte nicht vermindert hat.
DIESE ROLLE SPIELT DAS KÄLTSCHOCKPROTEIN
Das meiste unseres Wissens über die physiologischen Reaktionen bei Kälte, haben wir aus der Säugetierforschung gewonnen. Und zwar anhand der Untersuchung von Tieren, die einen Winterschlaf halten. Der Winterschlaf setzt eine tiefe metabolische Verschiebung voraus. Er hat den Sinn, im Winter Energie zu sparen, um für die Sommermonate diese wieder zu erlangen. Wird der Körper im Zuge des Winterschlages heruntergekühlt schalten, nehmen nicht nur Herzschlag, Puls und zahlreiche andere Körperfunktionen ab, es schalten sich auch zahlreiche Gene ab. Mit Ausnahme all der Gene, die für die im Prozess der Fettverbrennung beteiligt sind und die Gene, die man als sogenannte Kälteschockproteine bezeichnet. Kommt es zum Kontakt mit Kälte, entstehen durch den Ausdruck der beiden Genkategorien mehr Kälteschockproteine. Ein Kälteschockprotein spielt in diesem Prozess eine tragende Rolle. Eine anderer wissenschaftlichere Bezeichnung lautet übrigens RNA-Bindungsmotiv 3, abgekürzt RBM3. Das Protein kann in den Skelettmuskeln, dem Herz, der Leber und dem Gehirn nachgewiesen werden und erhöht seine Aktivität schon bei geringem Kontakt zu Kälte.
HIRN UND KÄLTE: REAKTIVIERUNG VON BEREITS GEFÄHRDETEN SYNAPSEN
Als Synapsen werden neuronale Verknüpfungen bezeichnet. Sie knüpfen beispielsweise den Kontakt zu anderen Zellen wie Drüsen-, Muskel- und Sinneszellen. Die Synapsen sind die Basis der gesamten nervlichen Kommunikation und daher auch entscheiden an der Entstehung von Erinnerungen beteiligt. Allerdings lösen sich diese Verbindungen unter dem Einfluss von Kälte auf. Zahlreiche Studie mit überwinternden Säugetieren haben diese Tatsache bereits ans Licht gebracht. Wenn die Tiere ihre innere Körpertemperatur allerdings wieder erhöhen, werden die Synapsen fast vollständig wieder hergestellt. Eine erstaunliche Sache. Besonders interessant ist das, weil dieser Effekt nicht nur bei Säugetieren zu beobachten ist. Der selbe Effekt wurde bereits bei künstlichen Labormäusen festgestellt, die selbstverständlich keinen natürlichen Winterschlaf halten.
FAST 100 PROZENT SYNAPSEN-REGENERATION BEI KÄLTE
Mäuse, die insgesamt 45 Minuten einer 5 Grad kalten Umgebung ausgesetzt, zeigten einen Synapsenverlust von rund 26 Prozent im Bereich des Hippocampus. Der Hippocampus ist die Gehirnregion, die dafür verantwortlich ist, dass unser Gedächtnis lernen kann. Interessant an dem Tierversuch: Als sich die Mäuse wieder aufgewärmt hatten, konnten 93 Prozent der Synapsen, die zuvor dank der Kälte verloren gegangen waren, wieder neu generieren. Besonders interessant ist dabei, dass dieser Mechanismus der erneuten Generierung, vom Kälteschockprotein, der Aktivität des RBM3 abhängt.
Das RBM3 ist hauptsächlich für die Widerherstellung und die Voraussetzung der Generierung der Synapsen verantwortlich. Das Kälteschockprotein spielt daher eine wichtige Rolle im Bezug auf die RNA, damit die Synthese der Proteine an den Dendriten erhöht werden können. Diese wiederum sind wichtiger Bestandteil der Neuronen, welche mit den Synapsen im Kommunikation stehen. Exakt das ist es, was dem RBM3 ermöglicht, die von der Kälte geschädigten Neuronen wieder zu regenerieren.
ACHT WOCHEN SCHUTZ DANK ZWEI KÄLTEANWENDUNGEN IN ZWEI WOCHEN
Wie bereits oben beschrieben, reicht bei Mäusen ein einmaliger Kontakt mit Kälte von 5 Grad für 45 Minuten Länge aus, um das RBM3 im Gehirn insgesamt für drei Tage zu erhöhen. Wird dieser Prozess allerdings einmal pro Woche für einen Zeitraum von zwei Wochen in Folge durchgeführt, dann erhöhte sich dadurch nicht nur das RBM3 für zwei Wochen, sondern für noch einmal weitere sechs Wochen. Das führt natürlich zu einer wichtigen Frage: Was wäre, wenn sich die Synapsen allgemein, und nicht nur von einer durch Kälte herbeigeführten Beschädigung, erholen könnten? Ein spannender Ansatz.
Ein Experiment zeigte bereits, dass eine Überexpression von RBM3, herbeigeführt durch Kälte, bei Mäusen, welche künstlich mit Alzheimer infiziert wurden, zu einem synaptischen und anhaltenden Schutz führte. Das legt nahe, dass es hier einige interessante und unentdeckte Mechanismen gibt. Die Möglichkeit, seine Synapsen mit regelmäßigen Kälteanwendungen zu schützen, kann starke Auswirkungen für die Forschung der Alzheimer-Krankheit haben. Aber auch für andere neurodegenerative Krankheiten und die allgemeine Alterung des Hirns könnte die Forschung wichtige Bedeutung haben und in naher Zukunft noch sehr wichtig werden.
Die vorangegangenen Experimente beschäftigten sich lediglich mit Tieren, in diesem Fall Mäuse. Welche Relevanz hat das Kälteschockprotein aber für den Menschen? Insgesamt ist die Forschung im Bereich des RBM3 sehr jung und steckt tatsächlich noch in den Kinderschuhen. Wir wissen daher noch nicht, ob ein solcher Effekt auch im menschlichen Organismus auftreten würde. Es muss sich dabei auch mit der Frage beschäftigt werden, ob die Körpertemperatur tatsächlich gesenkt werden muss, damit das RMB3 aktiviert wird.
GEWÜNSCHTER EFFEKT SCHON BEIM SENKEN DER KÖRPERTEMPERATUR UM 1 GRAD
Wie neue Forschungen gezeigt haben, werden Kälteproteine inklusive RBM3bereits hervorgerufen, wenn die Körpertemperatur um nur einen Grad gesenkt wird. Wenn gleichzeitig noch Melatonin hinzugegeben bzw. erhöht wird, kann die RBM3-Aktivität zusätzlich verstärkt werden. Die Körpertemperatur um nur einen Grad zu senken ist dabei durchaus ein erreichbares Ziel, auch wenn es sich dabei per Definition schon um eine milde Unterkühlung handelt. In einer Studie war es jungen Männer möglich, die Körpertemperatur mit einem Bad in einem 20 Grad „kalten“ Wasser auf 35,6 Grad zu senken. Die Untersuchung zeigt, wie einfach und leicht ein solcher „Kälteschock“ herbeigeführt werden kann.
AUSWIRKUNGEN AUF IMMUNFUNKTION UND ENTZÜNDUNGEN
Eine Entzündung dient dazu, tote Zellen und abgenutztes Gewebe loszuwerden, die Gewebetemperatur zu imitieren und die Ursache der Zellenbeschädigung zu beseitigen. Läuft dieser Prozess ab, ohne dass es eine tatsächliche Bedrohung gibt, haben wir ein großes Problem. Schon seit langer Zeit ist klar, dass Entzündungsprozesse einer der Schlüsselfaktoren im Bezug auf das Altern darstellen.