Geschichtliche Hintergründe
Seinen Namen erhielt das Iod (häufig unter der Schreibweise „Jod“ zu finden) durch die Bemühungen des französischen Salpetersieders Bernhard Courtois, Schießpulver mithilfe von Seetang herzustellen. In seinen Versuchen kam es zu einer Entwicklung violetten Dampfes – siedendes Iod. Im Griechischen bedeutet violett „Iodos“, womit das sichtbar gemachte Element fortan getauft war. Weitere Erforschungen des Iods erfolgten im Jahre 1814 durch Nicolas Clément und Joseph Louis Gay-Lussac. Seine medizinischen Eigenschaften waren jedoch schon 1500 v. Chr. bekannt – Menschen mit Erkrankungen des Kropfes wurden beispielsweise mithilfe der Schilddrüsen von Schafen therapiert, um ihnen ausreichend Iod zuzuführen. Die Entwicklung der Lugol'schen Lösung geht auf den französischen Arzt Jean Guillaume Lugol zurück. Er hat im Jahr 1835 ein Gemisch hergestellt, das Iod und Kaliumiodid in einem Massenverhältnis 1:2 aufwies, welche in Wasser gelöst sind. Die Lösung ist von rötlich-brauner Farbe, während ihr charakteristischer Geruch und Geschmack meist als sehr unangenehm wahrgenommen werden. Bereits zu Lugols Zeiten wurde seine Lösung als Desinfektionsmittel, aber auch zum Nachweis von Stärke verwendet.
Iod in der Natur
Das Halogen findet sich in der Natur in gebundener Form und kommt vor allen im Boden sowie in Gesteinen vor. Darüber hinaus existieren besonders in Chile Vorkommen von Natriumnitrat in ausgehärteten Resten von Vogelkot, worin bis zu 1% Iod enthalten sind. Iod tritt oft nicht als alleiniges Element auf, sondern findet sich in Verbindungen wie Natriumiodat (NaIO3), Lautarit (Ca(IO3)2) oder Natriumperiodat (NaIO4). Auch das Meerwasser sowie Meeresalgen enthalten Iod.
Das Element findet sich außerdem in jeder unserer Körperzellen – es ist demnach ein essenzieller Mikronährstoff. Der hohe Gehalt an Iod in Meeresfrüchten legt eine von Evolutionsbiologen vertretene Vermutung nahe: der Verzehr dieser Lebewesen in der frühen Menschheitsgeschichte spielte eine wichtige Rolle in der Entwicklung des menschlichen Gehirns und damit der Evolution. Die desinfizierenden Eigenschaften gegenüber Bakterien, Viren und auch Pilzen sowie Parasiten machen das Element besonders interessant.
Die Rolle des Iod in der modernen Ernährung
Iodmangel ist eine häufige Diagnose, wenn es um Schilddrüsenprobleme wie den Kropf geht. Da der Körper Iod nicht selbst herstellen kann, muss es in ausreichender Menge durch die Nahrung zugeführt werden. Besonders wichtig ist es für die Produktion der Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Triiodthyronin (T3), welche für viele Aspekte unseres Metabolismus benötigt werden. Ein Mangel bringt viele Krankheitssymptome des Stoffwechsels, der Muskeln und der Nerven mit sich. Der höchste Bedarf besteht bei Jugendlichen und Erwachsenen bis zum 50. Lebensjahr mit 200 Mikrogramm Iod pro Tag.
Um optimal zu funktionieren, sind alle Drüsen des Körpers abhängig von adäquaten Iodmengen. Dazu gehören die Nebennieren, die Thymusdrüse, die Eierstöcke, sowie der Hypothalamus und die Hypophysen-Achse. Ein Iodmangel macht sich demnach im gesamten Hormonsystem bemerkbar. Tatsächlich weisen nach der Schilddrüse die Eierstöcke die zweithöchste Konzentration von Iod im gesamten Körper auf.
Die natürliche Iodversorgung stellt bei gesunder Ernährung eigentlich kein Problem dar. Dennoch kann es bei manchen Menschen zu einer Unterversorgung kommen, beispielsweise wenn sie Salz oder Meeresfrüchte aus Geschmacksgründen oder Fehlinformationen meiden. Salz wird zum Beispiel nach wie vor von einigen Quellen als schlecht für die Herzgesundheit dargestellt. Heute werden zudem vielen Lebensmitteln wie Brot und Nudeln Bromid und andere Zusatzstoffe zugesetzt, die das Iod verdrängen. Auch die moderne Landwirtschaft führt mittlerweile großflächig zu einem Iodmangel im Boden, der sich schließlich im Getreide bemerkbar macht.
Nach Dr. David Brownstein, dem Autor des Buches “Iodine why you need it and why we cannot life without it” leidet eine hohe Zahl an Personen unter Iodmangel. Genauso betont Lynne Farrow, die Autorin des Buches „Die Iodkrise“, dass bereits seit mehreren tausend Jahren ein Iodmangel in großen Teilen der Bevölkerung vorherrscht. Die offiziellen Zahlen der WHO besagen, dass wahrscheinlich bis zu 72% der Weltbevölkerung von einer vermeidbaren Iodmangelerkrankung betroffen sind.
Der regelmäßige Verzehr iodreicher Lebensmittel sollte Mangelerscheinungen vorbeugen. Dazu gehören Milch und Milchprodukte, Meeresfrüchte, Tang, Algen, Seefisch und iodiertes Speisesalz.
Iod in der Medizin
Iod wird in Form der Lugol'schen Lösung seit langem in der Krebsdiagnostik eingesetzt. Bei der sogenannten Iodprobe dient es als Färbemittel, um Zell- und Gewebestrukturen zum Beispiel bei Schleimhautproben unter dem Mikroskop sichtbar zu machen. Der Hintergrund: gesunde Schleimhautzellen produzieren mehr Glykogen (tierische Stärke) als Krebszellen. Durch die schnelle Einlagerung von Iod in die Glykogen-Moleküle werden gesunde Schleimhautzellen bräunlich, während sich die Krebszellen in weißlicher Farbe von ihrer gesunden Umgebung abgrenzen. Die auffälligen weißen Zellgruppen können nach einer Biopsie weiter analysiert werden. (Diagnostic efficiency of toluidine blue with Lugol's iodine in oral premalignant and malignant lesions. (Nagaraju et al.))
Weitere diagnostische Einsatzgebiete der Lugol'schen Lösung finden sich in der Mikrobiologie für die Gram-Färbung an Bakterien; in der Iodometrie, einer Analysemethode für unterschiedliche Substanzen, die auf der Reduzierung des Iods beruht; oder im Nachweis von Alkaloiden oder Chitin.
Aber auch für Privatpersonen spielt die bekannte Lösung eine Rolle: bei Infektionen des Rachenraums stellt sie ein hervorragendes Desinfektionsmittel dar. Dabei werden einige Tropfen in etwas Wasser gelöst und gegurgelt, ohne die Lösung zu verschlucken. So können zum Beispiel vorhandene Bakterien ohne den Einsatz aggressiver Antibiotika abgetötet werden. Hierbei reagiert das Iod mit bestimmten Oberflächenstrukturen von Krankheitserregern, sodass diese inaktiv werden und absterben.