Über viele Jahrtausende wurde die therapeutische Wirkung der Hanfpflanze (Cannabis sativa L.) schon genutzt. Bereits 2737 vor dem Jahr 0 erwähnte Shen Nung, der als mythischer Begründer der chinesischen Kräuterheilkunde gilt, Hanf. Noch bis ins 19. Jahrhundert reichte der Einsatz von Cannabis. Soi war er bis zu diesem Zeitpunkt ein entscheidender Bestandteil zahlreicher Arzneimittel in den Hausapotheken. So kam er zur Behandlung von Muskel- und Gelenkschmerzen genauso zum Einsatz wie gegen rheumatische Erkrankungen, krampfartige Beschwerden im Zuge der Regelblutung und Migräne zum Einsatz. Und das seit der Antike.
Durch den Missbrauch als Droge bekam das Image von Cannabis Kratzer. So traten die therapeutischen Möglichkeiten von Hanf mit der Entstehung der neuen Pharmakologie in den Hintergrund. Aktuell gibt es einen vermehrten Willen, stärker zwischen der Heilwirkung und der Rauchwirkung zu differenzieren und zu testen, ob die beschriebenen Effekte im Rahmen einer Therapie unter kontrollierten Rahmenbedingungen von den klinischen Untersuchungen nachvollziehbar sind.
Cannabis wird als Droge in unterschiedlichsten Formen und Produkten genutzt. Die Bezeichnungen dafür sind vielfältig. Von Haschisch, über Marihuana bis hin zu Bezeichnungen wie Sinsemilla, Bhang, Charas und Ganja. Der für die medizinische Wirkung am wirksamsten und entscheidendsten ist der Inhaltsstoff Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC).
Die Dosierungen schwanken dabei zwischen 5 mg und 20 mg pro Tag. Meist treten keine Nebenwirkungen auf, in seltenen Fällen kann es zu Herzklopfen, Schwindel und Mundtrockenheit kommen. Bei Cannabis handelt es sich um ein Mittel mit geringem Suchtpotential. Es ist also nicht damit zu rechnen, dass eine Abhängigkeit eintritt.
Betäubungsmittel Cannabis
Die Cannabisblüte
Cannabis und damit auch all seine Bestandteile unterliegen dem sogenannten Betäubungsmittelgesetz. Das bedeutet, dass sowohl der Besitz, als auch der Handel, Anbau sowie die Ein- und Ausfuhr illegal sind. Im Jahr 1998 wurde es in Deutschland dank einer Gesetzesänderungen möglich, den Inhaltsstoff THC als Rezept-Arzneimittel oder als in den Vereinigen Staaten von Amerika zugelassenes Medikament gegen Gewichtsverlust, Krebsbehandlung, Appetitlosigkeit, Übelkeit und AIDS-Behandlung zu verschreiben.
Die Umänderung von Cannabisextrakten hin zu einem verschreibungsfähigen Arzneimittel per Gesetzt war eigentlich vom Bundesgesundheitsministerium für das Jahr 2014 angedacht gewesen. Allerdings änderte das Ministerium seine Pläne. Weiterhin gibt es eine äußerst widersprüchliche Situation. Der Hauptinhaltsstoff THC darf verschrieben werden, die Zubereitung aus einer eigenen Cannabispflanze ist aber verboten.
Cannabis: das große Ganze
Seit vielen Jahren forschen verschiedenen Wissenschaftler zur Cannabispflanze. Dabei konnte bereits der Hauptinhaltsstoff THC isoliert und sogar teilsynthetisiert werden. Den Höhepunkt fand die Forschung im Jahr 1988. Entdeckt wurden Cannabinoid Rezeptoren im menschlichen Gehirn. Das Delta-9-THC gilt als das am besten und umfangreichsten untersuchte Cannabinoid. Wichtige weitere Cannabinoide sind Cannabinol (CBN), Cannabigerol (CBG), Cannabidiol (CBD), und Delta-8-THC.
Als zweitwichtigster Stoff gilt Cannabidiol (CBD). Er wirkt – so wie auch THC – antispastisch, schmerzhemmend und antikonvulsiv. Von besonders großer Bedeutung ist dabei, dass das CBD die Effekte von THC dämpfen kann. Damit wirkt es direkt den Nebenwirkungen entgegen.
Es ist anzunehmen, dass CBD und THC im Cannabisextrakt verträglicher und ausgeglichener sind, als synthetisch hergestelltes THC, deren Einsatz ohne hin wegen der Nebenwirkungen stark begrenzt ist.
Die Cannabispflanze
Natürlich kann man sich auch für die bisher als einzige anerkannten Indikationen der synthetischen Derivate oder von THC die Frage stellen, ob die gesamte Cannabispflanze verträglicher und besser wirksam ist. Bestätigt wird diese Annahme durch die Erfahrungen in der AIDs und Krebsbehandlungen mit „illegalem“ Cannabis. Es zeigten sich Effekte in der Behandlung gegen Gesichtszunahme, Erbrechen und Übelkeit. In einer Umfrage in den USA gaben 44% der (anonym) befragten Onkologen an, dass sie den eigenen Patienten bereits Cannabis als besser verträgliches und wirksameres Antiemetikum (zur Hemmung des Brechreizes) empfohlen haben.
In naher Zukunft sind diese Anwendungsgebiete für Cannabis realistisch:
Schmerzen: Tierversuche haben gezeigt, dass THC und auch andere Cannabinoide eine Wirkung von Opiaten deutliche verstärken können. In einer sogenannten placebokontrollierten Studie zeigte sich, dass der Bedarf an Morphinen durch die Gabe des Cannabisextraktes gegen Schmerzen deutlich abnahm. Zudem gibt es aus Tierversuchen die Erkenntnis, dass die Cannabinoide gerade bei neuropathischen Schmerzen sehr effektiv eingesetzt werden können.
Bewegungsstörungen und Krämpfe: Besonders ausgeprägt ist die schmerzlindernde und entspannende Wirkung bei Spastiken im Rahmen einer Multiplen Sklerose. Gut wirkt Cannabis auch bei Regelschmerzen und Rückenmarksschädigungen. In einer Umfrage gaben 90% der befragten (MS-Patienten) an, dass das Rauchen von Cannabis die Schmerzen, Spasmen und Tremore deutlich verringern kann.
Migräne: Zahlreiche Einzelfallberichte beweisen die Effektivität bei Migräne – im Gegensatz zu den zugelassenen Medikamenten. Die Wirkmechanismen dazu werden aktuell noch untersucht.
Glaukom: Bereits im Jahr 1971 konnte dokumentiert werden, dass das Cannabisrauchen den Augeninnendruck um ca. die Hälfte senkt. Der gleiche Effekt konnte auch mit intravenösem oder oralem Delta-8-THC und Delta-9-THC erzielt werden. Später zeigte sich, dass Cannabigerol (CBG) und Delta-9-THC den Kammerwasserabfluss zwei bis drei Mal erhöhen.
Asthma: Wenn Cannabis inhaliert wird, werden die Bronchien erweitert. Damit das schädliche Rauchen umgangen werden kann, sollen im Moment Aerosole entwickelt werden. In den 70er Jahren zeigte sich bereits, dass inhaliertes Delta-9-THC zu einer Verbesserung der Lungenfunktion führt.